Lofoten Norwegen

Trekking auf den Lofoten – Tag 4

 Reine – Kjerkfjorden – Horseidvika

Der Tag beginnt früh. Wir wollen nicht auffallen – so mitten an der Straße. Die paar Autos, die bereits an uns vorbeigefahren sind, dachten sicherlich nichts Gutes über uns. Ohne Leitplanke und Elektrozaun wäre es ein wirklich schöner Zeltplatz. Die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor und zaubert ein wunderbares Licht auf den Fjord und die Berge. Gestern war uns die Landschaft noch gar nicht so aufgefallen. Der Wille war da, nach Selfjord zu laufen, aber unsere Füße wollen nicht mehr, geschweige denn der Rücken. Also packen wir unsere Sachen zusammen und laufen zum Parkplatz des Kvalvikaeinstiegs zurück. Der Plan ist es nun, per Anhalter nach Reine zu fahren und von dort aus das Boot nach Kjerkfjorden zu nehmen.

Also strecken wir unsere Daumen raus und hoffen auf unser Glück. Nun ja. Leider ist es früh, sehr früh. Und das Tramperglück nicht wirklich auf unserer Seite. Die Strapazen von gestern und unsere matschigen Wanderschuhe machen die Sache nicht besser. Nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich – ein Wohnmobil hält an! Das nette spanische Ehepaar nimmt uns mit. Die beiden sind super freundlich und der Herr kann sogar ein wenig deutsch, weil er mal für ein paar Jahre in Deutschland gelehrt hat.

Dank den beiden schaffen wir noch die Morgenfähre, die uns zusammen mit einer Handvoll Menschen nach Kjerkfjorden bringt. Das kleine Dorf auf den Lofoten mit etwa zehn Häusern und einem Fähranleger liegt idyllisch am Ende der Bucht. Es scheint als hätte jemand die Zeit angehalten, nachdem das Schiff uns absetzt. Aber noch sind wir nicht am Ziel angekommen.

Unser Weg führt uns über einen etwa 200 Meter hohen Pass, von wo aus man schon am Anfang eine atemberaubende Aussicht hat. Der Blick zurück lohnt sich, denn über dem Reinefjord ist die Wolkendecke aufgerissen und die Sonne lässt den Fjord in tiefem Türkis erstrahlen. Nach einem kleinen Abstieg führt uns der Weg vorbei an einem fischreichen Süßwassersee weiter Richtung Sandstrand zur Bucht von Horseid. Als wir sehen, wo uns der eigentlich geplante Weg langführen sollte, sind wir froh, ihn nicht gegangen zu sein. Der Pass besteht ausschließlich aus einer steilen Steinlawine und mit unseren Rucksäcken wäre es sicherlich ein gefährliches Unterfangen geworden.

Am Flusslauf entlang, laufen wir weiter zum Strand. Zwischen den aufgetürmten Sandhügeln verfolgen uns plötzlich zwei augescheuchte Möwen, die ihr Nest wohl in der Nähe haben. Im Sturzflug jagen sie uns, während wir, klackernd mit unseren Wanderstöcken über dem Kopf, den Strand entlang rennen. Ohne nach vorne zu schauen, laufen und laufen wir, bis sie endlich von uns ablassen. Ich hatte noch nie solche Angst vor Möwen und als uns klar wird, wie das ausgesehen haben muss, brechen wir in schallendes Gelächter aus.

Unsere Jäger haben uns auf eine vorgelagerte Landzunge gebracht, von der man sowohl zum Meer als auch zum Strand schauen kann. Im eisigen Wind, die der Atlantik fortwährend herüber trägt, bauen wir unser Zelt auf. Etwas weiter entfernt stehen noch zwei weitere Zelte, sonst gehört die Bucht alleine uns. Hier hätte man eine halbe Ewigkeit verbringen können. Feiner, kühler Sand zwischen den Zehen und unsere Fußspuren vereinen sich mit den unzähligen Tierspuren, ganz so, als würde man einfach dazugehören. Die gewaltigen Berge, die uns umgeben, hüllen uns in einen Mantel von Geborgenheit und Ruhe.

Als wir von unserem Abendspaziergang zum Zelt zurückkehren, lernen wir zwei Ärzte aus Deutschland kennen, die schon seit ein paar Wochen auf den Lofoten unterwegs sind. Gemeinsam essen wir noch etwas und als ich nochmals zum Meer schaue, sehe ich eine riesige schwarze Finne im tiefblauen Wasser verschwinden. Einen Moment harren wir ungläubig aus – bis die nächsten schwarzen Schwerter die Wasseroberfläche durchbrechen und glitzernde Nebelschwaden über ihnen aufwirbeln. Eine kleine Orcafamilie durchquert die Bucht – direkt vor unseren Augen. Auf meinen Reisen habe ich schon unzählige, wunderschöne Walarten gesehen, aber mit der Sichtung dieser eleganten Meeresbewohner geht für mich ein lang gehegter Kinderwunsch in Erfüllung.

Und als ob das noch nicht genug ist, schimmert plötzlich auch noch die Sonne zwischen den Wolken hindurch. Es ist mittlerweile schon gegen ein Uhr nachts und die Mitternachtssonne schenkt uns ihre letzten warmen Strahlen. Mehr Glück kann die Seele nicht spüren.

So richtig können wir uns von dem Anblick nicht trennen. Die Strapazen vom gestrigen Tag sind wie weggeblasen. Als wir uns in den Schlafsack mummeln, können wir die Sonne noch durch die Zeltwand schimmern sehen. Und so schlafe ich mit einem breiten Lächeln ein. Keiner hat geahnt, dass sich das Wetter über Nacht schlagartig ändern würde…

Was sich ändert, könnt ihr hier weiterlesen.

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2 Kommentare

  • Antworten
    HÜNNIGER VOLKER
    26. November 2017 um 18:59

    Wunderschöne Bilder so wie man Norwegen kennt.Bitte noch mehr.

    • Antworten
      thenorthtraveller
      26. November 2017 um 19:03

      Danke dir! Weitere Fotos werden natürlich folgen 😉

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