Vor uns liegt die pure Dunkelheit. So sehr ich auch zurückdenke, ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte Mal so dunkel war. Und wann ich das letzte Mal so viele Sterne sehen konnte. Die Milchstraße, unsere Galaxie, in der wir als Einer von Unzähligen am Rande durch den Raum schweben, ist deutlich erkennbar. Kaum erfassbar, was für ein winziger Punkt wir doch eigentlich sind. Ich schaue nach oben. Zwischen all den Sternen zieht sich das grüne Band den Himmel entlang.
Als wir in Tromsø landen, ist es bereits 17 Uhr. Wir haben sechs Stunden Verspätung und unsere Planung ist völlig durcheinander gekommen. Wir haben uns eine kleine, gemütliche Hütte in Ersfjordbotn gebucht, um außerhalb der Stadt unsere Chancen auf die Sichtung von Polarlicht zu erhöhen. Bereits während des Anflugs auf Tromsø sehen wir das grüne Band, welches sich einmal von Ost nach West über den gesamten Himmel erstreckt. Die Aufregung steigt, aber zunächst müssen wir noch einmal für Besorgungen in die Stadt fahren. Ab Kaldfjord holt uns Gregory ab. Er kümmert sich um die Unterkunft und ist selbst gerade erst eine Woche da – eigens angereist mit einem 20 Jahre alten Peugeot. Seine erste Erwähnung ist, dass er direkt am ersten Tag mit seinem Auto im Graben gelandet ist. Wir fühlen uns auf Anhieb richtig sicher!
Das Polarlicht draußen wird immer heller
Während wir Richtung Ersfjordbotn fahren, wird das Grün dort draußen immer intensiver. Ich muss mich stark konzentrieren, um Greg weiterhin zuhören zu können. Sein Englisch verwischt immer mehr, während ich meinen Blick nicht von diesem unglaublichen Polarlicht abwenden kann. Als wir es – laut Greg – tatsächlich beim ersten Mal geschafft haben, mit dem Auto den kleinen Hügel zum Haus hinaufzufahren und aussteigen, trauen wir unseren Augen kaum. Wahnsinn! Der Himmel explodiert förmlich. Schnell schmeißen wir unser Zeug in die Holzhütte und ziehen uns die wärmsten Sachen über, die wir finden können. Und da wir clever waren, haben wir uns Thermoanzüge ausgeliehen. Ein michelin-männchenmäßiges Glück.
Wir laufen nur etwa zehn Minuten zu einer kleinen Landzunge mitten im Fjord. Das Licht der kleinen Stadt erleuchtet die von schneebedeckten Steine vor uns. Während das warme Licht bei dem Blick nach vorne abnimmt, mündet es mehr und mehr in vollkommener Dunkelheit. Die Intensität des Polarlichts hat deutlich abgenommen. Der grüne Schleier liegt regungslos am Himmel. Lediglich auf der Kamera kann man es deutlich erkennen. Wären wir nur schneller hier gewesen. Immer wieder wird es ein wenig heller, dann wieder dunkler, bis es fast vollständig verschwindet.
Die Show kann beginnen
Nach etwa zwei Stunden, der Kälte trotzend, zieht plötzlich von rechts ein gleisend hellgrünes Licht hinter den Berggipfeln hervor. Fast scheint es so, als wolle sich das Universum für unsere holprige Anreise entschuldigen. Im Nu ist der ganze Himmel hell erleuchtet. Es ist so strahlend, dass der schwarze Fjord schlagartig von einem grünen Schimmer überzogen wird. Die Lichtwellen rauschen über die majestätischen Berge auf den Horizont zu. Von Sekunde zu Sekunde erkennen wir andere Formen – Tiere, Wesen und Landschaften. Über unseren Köpfen schießen glühende Strahlen direkt zu den Sternen hinauf. Der leuchtende Sog nimmt uns gefangen. Ganz leise beobachten wir dieses einzigartige Naturphänomen. Wir verharren – fühlen uns eins mit dem Wind, dem Wasser und den Sternen. Was ein paar Teilchen auslösen können. Es gibt kein Wort, was dem gerecht werden kann, was ich sehe, was ich fühle.
Es ranken sich zahlreiche Mythen um dieses Spektakel. Von Unheil, wenn man es anschaut bis zum Verbleib der Seelen im leuchtenden Licht. Für mich ist es die pure Schönheit. Es macht mich sprachlos, glücklich und hinterlässt Faszination, zu was unsere Natur im Stande ist. Es zeigt, wie klein wir im Gesamtgefüge sind, selbst unter diesem wunderschönen Nordlicht sind wir winzig und doch lässt es mich fragend zurück, was wir Kleinen für eine große Rolle für die Erde spielen und wieso wir es nicht schaffen, diese Natur zu schätzen.
Macht euch einfach selbst ein Bild. Immerhin sagen Bilder mehr als tausend Worte… oder so ähnlich 🙂
2 Kommentare
Holger Maschke
16. Januar 2019 um 13:04Sehr schöne Bilder, kann den Zauber der Nordlichter gut nachempfinden. Bin im April in Finnland, vielleicht klappt es da auch wieder.
Ich habe Dich mal auf den Lofoten bei meiner Radtour kennengelernt, wir waren bei schlechten Wetter gemeinsam im Essensraum. Freue mich immer wieder darüber, damals Deine Web-Adresse notiert zu haben und immer mal nach neuen Bildern zu schauen.
Viele Grüße Holger Maschke
thenorthtraveller
17. Januar 2019 um 22:12Hei Holger,
natürlich erinnere ich mich! War ein lustiger Abend auf den Lofoten. Bist du im April dann auch wieder mit dem Rad unterwegs? Wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg, dass du die Polarlichter nochmal hautnah erleben kannst!
Liebe Grüße Steffi