Es riecht nach altem, nassen Holz. In der vergangenen Nacht hat es geregnet, aber nun strahlt die Sonne hoch am Himmel. Ihr Licht kämpft sich hier und da durch die engen Gassen des historischen Hanseviertels. Vor einigen hundert Jahren war es der Handelspunkt der Stadt. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, wie es damals gewesen sein muss. Eilige Geschäftsleute, die mit ihren schweren Schuhen durch den Matsch waten. Seemannsleute, die auf der Suche nach Handelsschiffen sind, bei denen sie anheuern können. Verschiedenste Waren, die auf alte Schiffe verladen werden. Von knarrenden, schnellen Schritten werde ich aus meiner Vorstellung gerissen. Heute sind die ehemaligen Geschäfte durch Souvenirläden und Cafés ersetzt und die Einzigen, die hektischen Schrittes an mir vorbeilaufen, sind Touristen.
Als wir in luftiger Höhe hängen, hat der Tag bereits begonnen. Gleich morgens sind wir mit dem ersten Ulriken Express Bus zur Talstation der Ulriksbanen gefahren. Nun sitzen wir in der Gondel und bestaunen die Aussicht. Je höher es geht, desto mehr können wir von Bergen und seinem Umland sehen. Oben angekommen eröffnet sich uns ein fantatstischer Blick auf die Umgebung. Die Luft ist klar und der Wind verdrängt die Wolken der letzten Nacht. Die Sonne taucht die Umgebung in warmes Licht. Auch wir können ihre Wärme schon spüren. Bergen ist von insgesamt sieben Hügeln umgeben, was man von hier aus sehr gut überblicken kann. Viel ist hier oben noch nicht los, deswegen verweilen wir noch ein wenig, bevor es zurück in die Stadt geht.
Der Ulriken und der Fløyen bieten wunderschöne Ausblicke auf Bergen
Zurück in Bergen ist unser nächstes Ziel die Fløibanen. Gleich zum direkten Vergleich der beiden schönsten Aussichten. Die Standseilbahn bringt uns in 5 Minuten auf 320müM. Wir merken sofort, dass die Bahn und der Fløyen ein beliebteres Ziel ist. Und so mischen wir uns unter die unzähligen Touristen auf die Aussichtsplattform, um einen weiteren Blick auf die zweitgrößte Stadt Norwegens zu erhaschen. Wir sind uns jedoch einig – der Ulriken ist ein schöneres und vor allem ruhigeres Ziel, um die Aussicht zu genießen. Ein Besuch im Souvenirladen bleibt trotzdem nicht aus und danach geht es zu Fuß nach unten.
Wir laufen durch die kleinen Gassen mit ihren roten und weißen Holzhäusern. Idyllisch liegen sie in der Landschaft und passen einfach so mitten hinein. Hier und da eröffnen sie uns nochmal den Blick über die Stadt. Wirklich wunderschön hier. Aus einem kleinen Café schwebt der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee und selbstgebackenen Kuchen. Zeit für eine Pause. Entspannt sitzen wir draußen in einer kleinen Gasse vor dem Café und beobachten das bunte Treiben. Trotz der vielen Menschen herrscht eine ungewöhnliche Ruhe, die wir in uns aufsaugen, bevor es weitergeht.
Bryggen – Ein Weltkulturerbe
Ein kurzer Fußmarsch zum Hafen und man kann bereits die wunderschöne Häuserfassade des Hanseviertels Bryggen bewundern. Nachdem es nach einigen schwerwiegenden Bränden schon beinahe aufgegeben wurde, restaurierte man die knapp 62 Holzhäuser doch noch einmal für die Nachwelt. Wir schlendern ein wenig durch die engen Gassen und amüsieren uns über einige kuriose Kleinigkeiten, die hier und da dekoriert wurden. Im Hanseatischen Museum und den Schötstuben bewundern wir die einzig erhaltene Einrichtung aus vergangener Zeit.
Weiter am Hafen entlang, kommen wir zur Festung Berghus, die älteste Festung Norwegens. Wir bestaunen sie allerdings nur von außen. Unser Interesse liegt weniger im Militär. Als erprobte Seefahrer wollen wir dem Schifffahrtsmuseum noch einen Besuch abstatten.
Aber zunächst kommt das, was unvermeidlich ist. Ein Besuch auf dem Fischmarkt. Unvermeidlich, da ich einfach kein großer Fan von allem bin, was aus dem Meer kommt. Der Fischgeruch hängt mir noch Stunden später in der Nase. Aber für Liebhaber gibt es wirklich alles, was das Meer zu bieten hat. Ich ergattere ein Käsebrötchen, Elke bleibt dem Fischmarkt treu und kauft sich ein Lachsbrötchen.
Vorbei an der Johanneskirche geht es nun zum Schifffahrtsmuseum. Wir lernen viel über die Seefahrt und deren Bedeutung für Bergen. Auch einzigartige Schiffsmodelle aus allen Epochen kann man hier bestaunen. Es wird Abend und unsere Füße schwer. So ein Stadtrundgang in Bergen ist halt doch anders als in den Bergen wandern gehen. Aber wir wollen uns unbedingt noch die Haupteinkaufsstraße anschauen – und vielleicht auch das ein oder andere Mitbringsel erwerben.
Bergens Einkaufsstraße und ein Straßenkünstler machen den Tag vollkommen
Zu Fuß geht es also weiter Richtung Torgallmenningen. In der Einkaufsstraße reihen sich Laden an Laden, Restaurant an Restaurant. Auf dem Platz hat sich eine lachende Menschentraube gebildet. Wir sind natürlich auch neugierig, immerhin können wir bereits Musik und Stimmen hören. Ein Straßenkünstler führt in der Mitte der Menge eine artisitische Show vor. Mit Bällen, Reifen und Rädern fasziniert er charmant das Publikum. Genauso wie uns. Wir bleiben bis zum Schluss und werfen ein paar Kronen in seinen Hut, während sich die Menge in alle Richtungen zerstreut. Im Galleriet, einem Einkaufszentrum mit 70 Geschäften, werden wir dann fündig. Elke kauft sich einen typischen Norwegerpullover und ich eine selbstgehäkelte Mütze.
Den Abend lassen wir am Hafen ausklingen. Im Supermarkt gekaufte Sandwiches schmecken bei dem Blick auf die einlaufenden Boote und die dahinterliegende Stadtsilhouette besonders gut. Wir sind ein wenig erschöpft, aber glücklich entspannt. In Stille lassen wir den Tag Revue passieren und sind uns doch einig, dass besonders der Spaziergang vom Fløyen, hinunter in die Stadt, den Charakter von Bergen preisgegeben hat.
Hier habe ich noch einige Vorschläge für euch gesammelt: Bergen – Tipps für die regenreichste Stadt Europas
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